20. SbE-Jahrestagung: Stress im Vietnam-Krieg, Team Bergwacht im Einsatz und neue Klassifizierungen

 

jahrestagung2015

Auch die 20. SbE-Jahrestagung war wieder eine sehr gelungene Veranstaltung mit aktuellen Themen im Vortragsprogramm und genügend Zeit für Austausch und Begegnung. Die Teilnehmer lobten die spannenden Vorträge aus Praxis und Theorie, genossen eine gemeinschaftliche Atmosphäre und gaben sich die ein oder andere Kugel ...

Erneut hatten zahlreiche Teilnehmer aus dem deutschsprachigen Raum den Weg nach Witten gefunden, um ein vielseitiges Vortragsprogramm zu hören und sich über ihre Erfahrungen auszutauschen. Nach einem Tagesimpuls durch SbE-Trainer und neu gewähltes Vorstandsmitglied Hans Walter Braun wechselten - in diesem Jahr wieder - vier Vorträge und Pausen mit Gelegenheit zum Austausch einander ab. Abends wurde es sportlich: Bowling und Asia-Büfett standen auf dem Programm.

Dr. Andreas Müller-Cyran berichtete, wie die Bergwacht Bayern die Einsatznachsorge in einem umfassenden PSNV-Konzept organisiert hat. Das SbE-Team der Bergwacht Bayern ist eines der erfahrensten SbE-Teams. Müller-Cyran, stv. Vorsitzender der SbE-Bundesvereinigung und Fachlicher Leiter dieses Teams hat die PSNV beim zurückliegenden Einsatz in der Riesending-Schachthöhle geleitet – wo nach elf Tagen, zehn Stunden und 14 Minuten der Höhlenforscher Johann W. von einer 200köpfigen Rettungsmannschaft gerettet werden konnte. Über viele Einzelheiten dieses Marathon-Einsatzes berichtete er anschaulich aus erster Hand. So war im Rahmen der spektakulären und sehr langen Rettungsaktion auch auf die scheinbaren Nebensächlichkeiten geachtet worden, die für einen wertschätzenden Umgang mit den Einsatzkräften wichtig sind.


Etwas sehr Besonderes stand anschließend auf dem Programm: 40 Jahre nach Ende des Vietnam-Kriegs hatten wir Gerhard Altmeyer eingeladen, der zum medizinischen Personal des deutschen DRK-Hospitalschiffs „MS Helgoland“ gehörte, das von 1966 -1971 im Hafen von Saigon und später Da Nang lag und vietnamesische Kriegsopfer operiert und gepflegt hat. In einem Radiobeitrag über die MS Helgoland hatte eine Krankenschwester gesagt: „Also wenn ich so höre, also gerade Afghanistan, wenn da die deutschen Soldaten zurückkommen, und es da heißt, die haben alle ein Trauma und so fort, ich muss sagen, ich wüsste keinen vom Schiff, und wir treffen uns ja alle Jahre einmal. Warum war das bei uns nicht der Fall?" Hierzu erzählte Gerhard Altmeyer von den schlimmen Belastungen auf dem Schiff, berichtete aber vor allem darüber, was für Besatzung und Ärzte und Pflegekräfte hilfreich und gut war, um mit den Eindrücken nachhaltig fertig zu werden. Aus dem ungemein eindrucksvollen, preisgekrönten und damals einflussreichen Dokumentarfilm „Nur leichte Kämpfe in Da Nang“ wurden einige Ausschnitte gezeigt. Noch heute engagieren sich die Besatzungsmitglieder gemeinsam in Vietnam und die beeindruckten Tagungsteilnehmer sammelten spontan eine beachtliche Spende für den Verein Vietnamhilfe Hospitalschiff Helgoland.


Der Nachmittag führte in nicht minder interessante Theoriefelder: Die genaue Kenntnis der Klassifikationen akut- und posttraumatischer Reaktionen und Störungen gehört zum wichtigsten Handwerkszeug der SbE-Arbeit. Das Diagnostical and Statistical Manual of Mental Disorders ist gerade in der neuen Version als DSM-5 erschienen, die Überarbeitung der International Statistical Classification of Diseases (ICD 10) ist in Arbeit. Peter Liebermann, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und EMDR-Trainer, gab zu diesem Thema einen wertvollen Überblick und machte auch auf die Grenzen solcher Klassifizierungen aufmerksam.

Die Frage, ob Gespräche nach einem belastenden Ereignis zur Retraumatisierung führen können und wie damit umzugehen ist, ist ein Schwerpunktthema in der SbE-Ausbildung. Oliver Gengenbach, seit 20 Jahren für die Ausbildung verantwortlich, nahm im vierten und abschließenden Vortrag des Tagungsprogramms diese Frage auf und formulierte hierzu klare Leitsätze.

Nach interessanten Vorträgen und fachlichem Austausch endete der Tag sportlich: Das Bowlen machte allen viel Spaß und brachte Bewegung in die Teams. Gekrönt wurde dieser Samstag durch ein hervorragendes Asia-Büffett nur einen Kugelwurf entfernt - kulinarischer Abschluss in geselliger Runde dieser 20. SbE-Jahrestagung.

Besonders gelobt von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde wieder einmal neben Auswahl der Themen und guter Atmosphäre die perfekte Vorbereitung und Organisation, die in den Händen von Birgit Sudek und Andrea Hanefeld lag. Wie immer fühlten sich die Teilnehmer im Tagungshaus LukasZentrum sehr wohl und lobten Unterbringung und die gute Verpflegung.

An die Tagung schloss sich am Sonntag wie in jedem Jahr die Mitgliederversammlung der SbE-Bundesvereinigung an, in der auch der neue SbE-Vorstand gewählt wurde.

Im nächsten Jahr feiern wir eine Jubiläumstagung "20 Jahre SbE". Sie findet vom 03.- 05. Juni 2016 in Witten statt.

 

 

Download: Aktuelles_Jahrestagung_2015 (PDF)

Downlad: Programm Jahrestagung 2015 (PDF)

Download: Vortrag Andreas Müller-Cyran PSNV beim Rettungseinsatz Riesending-Schachthöhle (PDF)

Download: Vortrag Gerhard Altmeyer Hospitalschiff "MS Helgoland" in Vietnam (PDF)

Download: Vortrag Liebermann - Klassifizierungen des neuen DSM5 und ICD 11 (PDF)

Download: Vortrag Gengenbach - Die Dauerfrage nach dem Belastendsten (PDF)
 

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